Führen will gelernt sein
Redaktion: DOMINIQUE LEIBBRAND BIETIGHEIMER Zeitung
Freiberger Coach erklärt, wie man ein guter Chef wird und das Arbeitsklima positiv beeinflusst
Umfragen zufolge sollen 40 bis 60 Prozent der Arbeitnehmer mit ihrem Vorgesetzten unzufrieden sein. Führungskräftecoach Ulrich Schmezer erklärt, wie Chefs für eine bessere Zusammenarbeit sorgen können.
Bin ich ein guter Vorgesetzter? Sind meine Angestellten zufrieden? Lasse ich mir auf der Nase herumtanzen? Oder fordere ich vielleicht zu viel? Fragen, die sich wahrscheinlich so ziemlich jede Führungskraft hin und wieder stellt. Chefsein wird den allermeisten nicht in die Wiege gelegt. Im Gegenteil: Es will gelernt sein - davon ist Ulrich Schmezer schon allein berufsbedingt überzeugt. Der Freiberger coacht und berät seit rund zehn Jahren Führungskräfte und solche, die es bald sein werden. Geht es nach ihm, gibt es zwei Sorten von Chefs: den mutigen und den harmoniebedürftigen. Beide seien geeignet, um ein Team zu leiten, sagt er. Man müsse aber wissen, welcher Typ man sei.
Egal, ob sach- oder personenorientiert - Ulrich Schmezer unterstützt seine Klienten dabei, sich bewusst zu machen, welche Art von Leitwolf sie sein wollen und wie sie in der Folge für ein gutes Arbeitsklima sorgen können.
Eher autoritären Menschen versucht Schmezer beispielsweise zu vermitteln, dass auch Einfühlungsvermögen und Kompromissfähigkeit wichtig sind.
Weicheren Zeitgenossen sagt er, dass ein Chef Entscheidungen fällen muss - manchmal eben auch unpopuläre. Entscheidend dabei sei die Art und Weise des Umgangs.
Was Schmezer vielen via Rollenspiel erstmal beibringen muss, ist richtig zuzuhören. Seine Erfahrung hat gezeigt: Mitarbeitergespräche sind häufig zu knapp angelegt, und anstatt des Angestellten redet der Chef die meiste Zeit. So finde man nicht heraus, was in seinen Leuten vorgehe. Doch gerade das sei wichtig, um herauszufiltern, wo Aufgaben umverteilt werden müssen, wo jemand Förderung braucht und wo Anerkennung angebracht ist.
Ein Chef müsse seine Leute beobachten. "Kontrollieren, um zu loben", nennt Schmezer das. Auch Kritik sei freilich wichtig - in Form von konstruktivem Feedback.
Gut zu führen, bedeute situativ zu handeln, sagt der Berater. Während man dem Auszubildenden anfangs klare Leitlinien vorgeben müsse, solle man dem erfahrenen Kollegen auf Augenhöhe begegnen. Nach dem Motto: "Ich bin dein Vorgesetzter, möchte aber mit dir zusammenarbeiten." Man müsse seine Leute mit ins Boot holen, aber auch mal auf den Tisch hauen.
Viel Zeit verbringt ein Vorgesetzter damit, seine Mitarbeiter bei der Stange zu halten. Laut Schmezer gibt es drei Wege, die Mannschaft zu motivieren: über die Bezahlung, über Wertschätzung und über Selbstverwirklichungsmöglichkeiten.
Es sei abhängig von Alter, Betriebszugehörigkeit und persönlichen Lebensumständen, was jeweils der richtige Weg sei. Ein Uni-Absolvent beispielsweise wolle Perspektiven. Einem Familienvater, der grade ein Haus gebaut habe, sei hingegen der finanzielle Aspekt wichtiger. Und einen Mittfünfziger könne man über Verantwortung, beispielsweise ein neues Projekt, wertschätzen. Eine weitere Möglichkeit der Anerkennung seien Prämien oder auch mal eine Runde Berliner vom Bäcker, so der Coach.
Wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Schmezer rät dazu, mit Fehlern offen umzugehen. Mit denen anderer und den eigenen. "Wenn ich als Chef einen Fehler mache, muss ich das darlegen und wenn möglich selber ausbügeln." Laufe bei jemandem aus dem Team etwas schief, solle man die Sache in Vier-Augen-Gesprächen klären. Wichtig sei, nicht nur Fehler, sondern auch Erfolge zu analysieren.
Das geschehe viel zu selten, hat Schmezer bei seinen Seminaren und Einzelcoachings erfahren. Dabei sei auch Erfolg multiplizierbar.
Wie viel Nähe ist am Arbeitsplatz angebracht? Auch das fragen sich Chefs immer wieder. Schmezer rät zu einer professionellen Distanz. Sein Motto: "Schnaps ist Schnaps, Geschäft ist Geschäft." Seinen Mitarbeitern vom aktuellen Krach mit der Ehefrau zu berichten, sei eher unangemessen. Im Büro gelte es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ob man dabei sieze oder duze, hänge von der Branche und der Größe des Mitarbeiterstabs ab.
Gibt es im Team Konflikte, muss der Chef zumindest darüber Bescheid wissen. Nicht in jeden kleinen Streit müsse er sich einmischen, findet der Coach. Er müsse aber zeigen, dass er alles im Blick hat. Werde jemand gemobbt oder drohe bei einem Kollegen einen Burn-out, sei es die Pflicht des Vorgesetzten einzuschreiten.
Und was tun, wenn der Boss einen seiner Schützlinge einfach nicht leiden kann? "Das ist menschlich", sagt Ulrich Schmezer. Professionell sei aber freilich, sich das nicht anmerken zu lassen. "Um seine Sicht zu ändern, kann man sich zum Beispiel fünf positive Eigenschaften des Angestellten vor Augen halten", schlägt er vor.
Das A und O sei Gleichbehandlung und vor allem Professionalität. Dazu gehöre ein fairer, sauberer Umgang mit allen im Team - im Sinne eines guten Arbeitsklimas.
Redaktion: DOMINIQUE LEIBBRAND BIETIGHEIMER Zeitung
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